Umfassende Kenntnisse der eigenen Rechte und Pflichten im Arbeitsverhältnis sind für Arbeitnehmer und Arbeitgeber gleichermaßen von besonderer Bedeutung. Im Gegensatz zu vielen anderen Ländern gibt es in der Bundesrepublik Deutschland bis heute kein Arbeitsgesetzbuch. Arbeitsrechtliche Regelungen ergeben sich daher aus einer Fülle von Einzelgesetzen, aus einer weit gefächerten über Jahrzehnte entwickelten Rechtsprechung sowie aus Tarifverträgen.
Im Arbeitsrecht entstehen häufig Streitigkeiten über:
– Kündigungen und Abmahnungen
– Befristungen von Arbeitsverhältnissen
– Arbeitsentgelt, Weihnachts- und Urlaubsgeld
– Arbeitszeugnis und sonstige Mitarbeiterbeurteilungen
– Urlaub, Krankheit
– Mutterschutz und Elternzeit
– Arbeits- und Pausenzeiten
– Anwendbarkeit von Tarifverträgen
– Betriebliche Altersversorgungen
Kündigungsschutz
Arbeitnehmer, die mit einer Kündigung oder der Beendigung wegen Fristablaufs nicht einverstanden sind, haben das Recht, die Wirksamkeit der Kündigung bzw. Befristung beim Arbeitsgericht überprüfen zu lassen. Die Klagefrist beträgt nur drei Wochen ab Zugang des Kündigungsschreibens. Die Frist ist nur gewahrt, wenn die Klageschrift innerhalb dieser drei Wochen beim Arbeitsgericht eingeht.
Ob eine Kündigung das Arbeitsverhältnis tatsächlich beendet, hängt von einer Vielzahl komplizierter und einem Nichtjuristen häufig auch völlig unbekannter gesetzlicher, arbeitsvertraglicher, tarifvertraglicher oder richterrechtlich entwickelter Grundsätze ab. Man unterscheidet zwischen dem allgemeinen und dem besonderen Kündigungsschutz. Der allgemeine Kündigungsschutz betrifft zunächst die formelle Wirksamkeit der Kündigung (z.B. Schriftform, Bevollmächtigung des Unterzeichners) sowie materielle Wirksamkeitsvoraussetzungen (z.B. Kündigungsfrist, ordnungsgemäße Beteiligung des Betriebsrates, Wirksamkeit nach dem Kündigungsschutzgesetz). Der besondere Kündigungsschutz gilt für einzelne Personengruppen, die besonders schutzwürdig sind (z.B. Schwangerschaft, Elternzeit, Schwerbehinderung, Betriebsratsmitgliedschaft).
Das Kündigungsschutzgesetz (KSchG) ist nicht in Kleinbetrieben anwendbar. Das sind Betriebe, wo i.d.R. nicht mehr als zehn (bis 2004: fünf) Arbeitnehmer beschäftigt sind, wobei Teilzeitbeschäftigte nur anteilig mitzählen. Außerdem muss zum Zeitpunkt der Kündigungserklärung das Arbeitsverhältnis bereits mehr als sechs Monate bestanden haben. Ist das Kündigungsschutzgesetz anwendbar, braucht der Arbeitgeber einen Kündigungsgrund. Das Gesetz kennt personenbedingte, verhaltensbedingte und betriebsbedingte Kündigungsgründe. Bei einer betriebsbedingten Kündigung muss der Arbeitgeber zusätzlich eine Sozialauswahl beachten, d.h. innerhalb einer Gruppe vergleichbarer Beschäftigter zuerst demjenigen kündigen, der am wenigsten sozial schutzbedürftig ist. Eine verhaltensbedingte Kündigung setzt in aller Regel mindestens eine vorherige Abmahnung voraus. Die Abmahnung muss nicht schriftlich erfolgen, jedoch dem Arbeitnehmer detailliert den Vorwurf benennen und ihm für den Wiederholungsfall die Kündigung androhen.
In seltenen Fällen (i.d.R. nur bei ganz schwerwiegenden Pflichtverletzungen) kann auch eine außerordentliche fristlose Kündigung rechtmäßig sein.
Das Gesetz sieht zwar nur im Ausnahmefall einen Anspruch auf eine Abfindung vor. Dennoch enden viele arbeitsgerichtliche Kündigungsschutzklagen mit einem Abfindungsvergleich. Der Arbeitnehmer nimmt die Kündigung hin und erhält hierfür vom Arbeitgeber eine Abfindung. Die Höhe der Abfindung ist zwar frei aushandelbar, orientiert sich aber gewöhnlich an der Höhe des monatlichen Bruttoarbeitsentgelts, der Dauer der Betriebszugehörigkeit sowie dem Grad der sozialen Schutzbedürftigkeit. Die Abfindung ist sozialversicherungsfrei, muss aber versteuert werden.
Arbeitsentgelt
Hierunter fallen die verschiedensten Gegenleistungen, die der Arbeitgeber schuldet. Wird nach Arbeitsstunden abgerechnet, bezeichnet man das Entgelt als Lohn, wird monatlich ein fester Betrag gezahlt, nennt man das Entgelt Gehalt. Auch Einmalzahlungen, wie Urlaubsgeld und Weihnachtsgeld sind i.d.R. Arbeitsentgelt, genauso wie auch Prämien, Zulagen, Gratifikationen, Tantiemen usw.. Auch Sachbezüge können Arbeitsentgelte sein (z.B. freies Essen, eine Werkswohnung, ein Firmenfahrzeug, das auch privat genutzt werden darf). Art und Höhe des Arbeitsentgelts unterliegen i.d.R. der Vertragsfreiheit. Unterschiedliche Arbeitsentgelte sind daher durchaus zulässig, solange sie nicht zu schweren Ungerechtigkeiten führen (z.B. Ungleichbehandlung von Männern und Frauen). Nur dann, wenn Tarifverträge gelten oder ein innerbetriebliches Vergütungssystem existiert, muss der Arbeitgeber allen vergleichbaren Arbeitnehmern auch vergleichbare Entgelte zahlen.
Zeugnis
Arbeitnehmer haben bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses Anspruch auf ein Arbeitszeugnis. Man unterscheidet zwischen einem einfachen Zeugnis, das lediglich Art und Dauer der Beschäftigung ausweist und i.d.R. keine Gesamtleistungsbewertung enthält und einem qualifizierten Zeugnis, in dem zusätzlich Angaben zu Führung und Leistung im Betrieb enthalten sein müssen. Der Arbeitnehmer hat ein Wahlrecht, d.h. er kann entweder ein einfaches oder ein qualifiziertes Zeugnis verlangen. Gesetzliche Regelungen zum Inhalt des Arbeitszeugnisses sind nicht vorhanden. Die Rechtsprechung verlangt eine grundsätzlich wohlwollende und berufsfördernde Beurteilung. Endet das Arbeitsverhältnis durch Kündigung des Arbeitgebers, sollten Zeugnisrechtsstreitigkeiten möglichst bereits im Kündigungsschutzklageverfahren geführt werden, weil im Zuge eines Abfindungsvergleichs erfahrungsgemäß am ehesten Einvernehmen über den Zeugnisinhalt erzielt werden kann.
Urlaub
Fast in allen Arbeitsverträgen befinden sich Regelungen zum Urlaub. Das Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) enthält Mindestanforderungen zur Anzahl der geschuldeten Urlaubstage, zur Berechnung der Höhe des Urlaubsentgelts und zum Verfall des Urlaubs. Danach beträgt der gesetzliche Mindesturlaub bei einer ganzjährigen Beschäftigungsdauer vier Wochen (24 Werktage, wobei der Samstag mitzählt) und der Urlaub verfällt grundsätzlich zum Jahresende (nur ausnahmsweise kann er auf das erste Vierteljahr des Folgejahres übertagen werden). Ein Anspruch auf Urlaubsabgeltung (Auszahlung des Urlaubes) kennt das Gesetz nur im Falle der Beendigung des Arbeitsverhältnisses. In anderen Fällen hat der Arbeitnehmer nur dann Anspruch auf Urlaubsabgeltung, wenn er das mit dem Arbeitgeber vereinbart.
Der Arbeitnehmer hat kein Recht auf Selbstbeurlaubung. Er riskiert hier eine Kündigung. Urlaub muss vom Arbeitnehmer beantragt werden. Lehnt der Arbeitgeber ab, kann der Arbeitnehmer beim Arbeitsgericht den Urlaub einklagen. Das Gericht prüft dann, ob der Arbeitgeber den Urlaub aus wichtigen Gründen ablehnen durfte.
Arbeitszeit
Hierzu gehören sowohl die Dauer der Arbeitszeit als auch die Lage der Arbeitszeit. Die Dauer wird meist durch Angabe der geschuldeten Wochenarbeitszeit geregelt (z.B. 40 Stunden). Regelungen über die Lage der Arbeitszeit erscheinen seltener in Arbeitsverträgen, weil der Arbeitgeber möglichst flexibel beim Einsatz seiner Arbeitnehmer bleiben möchte. Denkbar sind aber Vereinbarungen über bestimmte Arbeitstage (Montag bis Freitag) oder bestimmte Zeiten (Frühschicht, Spätschicht, Nachtschicht). Das Arbeitszeitgesetz (ArbZG) gibt lediglich Höchstgrenzen, die nicht überschritten werden dürfen. Weitere Einschränkungen machen Spezialgesetze (z.B. Mutterschutzgesetz, Jugendschutzgesetz). Häufig enthalten auch Tarifverträge und Betriebsordnungen Regelungen zur Arbeitszeit. Pausenzeiten werden zwar häufig unter der Rubrik Arbeitszeit geregelt. Wichtig ist aber, dass Pausenzeiten i.d.R. keine Arbeitszeiten sind und daher auch nicht vergütet werden müssen. Nur wenige Tarifverträge enthalten hierzu Ausnahmereglungen.
Tarifvertrag
Der Tarifvertrag ist eine Vereinbarung zwischen den Tarifpartnern, d.h. Gewerkschaften und Arbeitgeberverbänden. Tarifverträge finden wir in fast allen Branchen (z.B. Metall- und Elektroindustrie, Bauindustrie, Textilindustrie, Öffentlicher Dienst, Einzelhandel, Postdienst, Wachdienst, Gebäudereinigerhandwerk und viele mehr). Nur dann, wenn der Arbeitgeber Mitglied in einem Arbeitgeberverband ist, findet im Betrieb ein Tarifvertrag Anwendung. Eine Ausnahme hiervon bilden Branchen, in denen allgemeinverbindliche Tarifverträge gelten. Dann sind diese Tarifverträge ausnahmsweise für alle Arbeitgeber eines bestimmten Tarifgebietes dieser Branche anwendbar. Allgemeinverbindliche Tarifverträge gibt es beispielsweise in der Baubranche und im Gebäudereinigerhandwerk. Meist sehen sie allerdings nur Mindestbedingungen vor (z.B. Baumindestlohn).